Seniorengerecht: ja – barrierefrei im Sinne der gesetzlichen Definition dieses Begriffs: nein. Diese Bilanz offenbarte sich am Mittwochabend in Bezug auf die Wohnangebote, die der genossenschaftlich organisierte Bauverein Kierspe alten Menschen derzeit machen kann.

Beim Treffen des Seniorenbeirates im Rathaus freuten sich die Mitglieder über einen fachkundigen Referenten: Stefan Kriegeskotte, Vorstand des Kiersper Bauvereins, stellte im Rahmen einer Powerpoint-Präsentation die bestehenden Wohnanlagen des Vereins vor und informierte über die Gründe, die dazu führen, dass die Genossenschaft derzeit keine neuen Bauvorhaben mit barrierefreien Wohnungen plant. „Kierspe und die übrigen Kommunen im Märkischen Kreis erhalten für entsprechende Projekte derzeit keine Fördermittel“, erklärte er und nannte den Rückgang der Bevölkerungszahl und Leerstände in Wohnanlagen als Grund.

Zugleich sei der Mietpreis pro Quadratmeter im öffentlich geförderten Wohnungsbau in Kierspe auf 4,60 Euro gedeckelt. „So lässt sich ein solches Projekt nicht finanzieren.“ Daher konzentriere sich der Bauverein darauf, den Bestand zu modernisieren. Ein Bau auf private Initiative hin sei jedoch denkbar, ergänzte er. Dafür müssten sich mehrere Privatleute zusammenfinden, Mitglied im Bauverein werden, sich durch diesen ein als Senioren-WG gedachtes Gebäude errichten lassen und die notwendigen Pflegedienstleistungen gemeinschaftlich organisieren.

Bauverein informiert über Wohnangebot für SeniorenKriegeskotte nutzte die Gelegenheit, den zwölf Anwesenden das genossenschaftliche Prinzip und den zugrundeliegenden Solidargedanken nahezubringen. „Genossenschaften verhelfen einer Gruppe von Menschen dazu, gemeinsam ein Ziel zu erreichen, für das der einzelne zu schwach ist.“ Der Referent zeigte dem Seniorenbeirat Fotos der für insgesamt 855 000 Euro neu renovierten und energetisch modernisierten Wohnanlage mit zwölf Wohnungen an der Königsberger Straße. Auch dort könne jedoch nicht von Barrierefreiheit gesprochen werden. „Bei den meisten Bauten in unserem Bestand reicht das Kellergeschoss ein Stück über das Bodenniveau hinaus und macht einen ebenerdigen Zugang somit unmöglich“, erklärte der Referent.

Er zeigte außerdem Fotos der Wohnanlagen an Stormweg, Goethestraße oder Haunerbusch. Im Objekt an der Bachstraße bereitet dem Bauverein aktuell ein hoher Leerstand von 50 Prozent der Wohnungen Sorge. Stefan Kriegeskotte informierte über die Wohnungszuschnitte, Mietpreise und die Notwendigkeit eines Wohnberechtigungsscheins bei den Wohnanlagen.

Abschließend wies er darauf hin, dass nicht jeder alte und in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkte Mensch eine Wohnung benötige, die den strengen gesetzlichen Vorgaben für die Bezeichnung „barrierefrei“ genüge. „Der Begriff ist eine Din-Norm, die nur sehr schwer zu erfüllen ist.“ Die Mitglieder des Seniorenbeirats nutzten die Chance, Fragen zu stellen und einzelne Punkte mit dem Fachmann zu diskutieren.

Von Petra Schüller, Foto: Petra Schüller

[ Mit freundlicher Genehmigung von come-on.de ]